MyCSSMenu Save Document

10. Tag:  MONTPELIER › EAST CORINTH › BARRE › CABOT › MONTPELIER

Eine knappe Dreiviertelstunde dauert die Fahrt von Montpelier bis nach East Corinth. Da ich bereits tags zuvor durch den Ort gefahren bin und die Fotospots kenne, verliere ich zu Sonnenaufgang keine unnötige Zeit. Nebelschwaden liegen im Tal als sich der Himmel rötlich zu färben beginnt. Die geschwungenen Hügel, Felder und saftgrüne Wiesen rund um East Corinth zeigen ein malerisches Bild, wie die Landschaft im vorherigen Jahrhundert ausgesehen haben könnte.

Die Aussicht auf East Corinth ist immer noch frei und nicht wie in Waits River durch Stromleitungen beeinträchtigt oder wie in East Orange von Bäumen zugewachsen. Neben Peacham der schönste Ort in dieser Region. East Corinth war auch Drehort von Tim Burtons Gruselkomödie Beetlejuice. Im East Corinth General Store hole ich mir Kaffee zum aufwärmen. Die bärtigen Typen, die dort herumlungern, möchte ich aber nachts nicht begegnen. Barre aka „The Granite Capital of the World” muss ich unbedingt einen Besuch abstatten. Witzig ist „Unzipping the Earth”, ein Reißverschluss mit einer Länge von 22 Meter. Zu sehen ist diese Granitskulptur in der schmalen Gasse, 203 N Main Street.

Danach sehe ich mir Hope Cemetery an. Die Ruhestätte ist die bekannteste Sehenswürdigkeit in Barre. Was diese Ruhestätte so einzigartig macht, sind die über 10.000 Grabsteine und Skulpturen aus grauem Granit, darunter ein Auto, eine Couch, ein Flugzeug, ein Fußball und noch einige andere ausgefallene Skulpturen. Ich finde diese Kreationen teils interessant, teils kitschig. Viele italienische Einwanderer arbeiteten damals in den Granitsteinbrüchen. Daher die auffällige Zahl von vielen italienischen Namen auf den Grabsteinen. Das 26 ha große Gelände durchfährt man am besten mit dem Auto. Südlich von Barre befindet sich „Rock of Ages”, eine der größten Granitsteinbrüche der Welt. Das klingt beeindruckend, aber für eine Besichtigungstour fehlt leider die Zeit.

Zurück in Montpelier gehe ich ins THE SKINNY PANCAKE. Wie schon der Name erahnen lässt, hier gibt es deftige und süße Crepes. Ich bestelle Noah’s Ark (Two Eggs to order, Two Slices VT Bacon and 2 Frumpled Cinammon and Sugar Sweet Crepes with a Side of Pure VT Maple Syrup) und Kaffee. Wow, sehr lecker! Eine empfehlenswerte Location für den kleinen oder großen Hunger. The Skinny Pancake gibt es noch in Burlington, Hanover und Sugarbush. Anschließend gehe ich nochmals auf Back-Road-Tour in Cabot und Marshfield. Ich mache Halt an der Morse Farm Maple Sugarworks. Ich nasche an einer Maple Creemee (Softeis) und nehme noch Maple Sirup für zuhause mit.

Vor dem Abendessen mache ich noch ein paar Bilder von Montpelier. Entlang der Cliff Street blickt man auf Montpelier herab. Ein schöner Ausblick auf die Hausdächer, sowie die Unitarian Church of Montpelier, Trinity United Methodist Church und Bethany United Church of Christ. Ich gehe zum Abendessen nochmals ins KISMET und bekomme dieses mal als Durstlöscher ein Focal Banger von The Alchemist. Es schmeckt etwas leichter als das Heady Topper, ist aber auch sehr gut im Geschmack. Da schmeckt das Abendessen gleich doppelt so gut. Zum Abschluss des Tages gibt es noch „Smoke on the Water”, ein Drink zubereitet aus Tequila, Lime, Berry Compote, Smoked Ice. Gott sei Dank muss ich nicht autofahren und es ist nur ein kurzer Spaziergang zurück ins Hotel.


Strecke: 96 Meilen +++ Unterkunft: Inn at Montpelier, Montpelier +++ Wetter: 15 Grad C, Morgennebel, stark bewölkt



11. Tag:  MONTPELIER › WATERBURY › STOWE

Zur frühen Morgenstunde schlendere ich durch die menschenleeren Straßen in Montpelier. Das markanteste Gebäude ist das 1859 erbaute Vermont State House. Auf der vergoldeten Kuppel steht die Statue Agriculture, eine Darstellung von Ceres, die römische Göttin der Landwirtschaft. Sehenswert ist auch das Pavilion, ein Nachbau (1971) eines Hotels aus dem Jahr 1876. Heute ist es der Sitz des Gouverneur von Vermont und des Vermont History Museum. Die Weiterfahrt führt nach Stowe. Der Wintersportort liegt in einem Tal im Zentrum der Green Mountains. Durch Stowe läuft die sagenumworbene Route 100, eine von Amerikas Top-10-Panoramastraßen. Die 216 Meilen lange Route 100 verläuft von Norden nach Süden, von Kanada bis nach Massachusetts. Durch die klassischen alten Dörfer von Stowe, Warren, Weston und Wilmington. Die Farmen, Scheunen und Kirchen sind eine Schatzkammer gefüllt mit wunderschönen Fotomotiven.
Das Wetter ist trüb und es fängt zu nieseln an. Gerade deswegen werde ich mich auf dem Weg zu den Bingham Falls machen. Der bedeckte Himmel ist ideal zum fotografieren von Wasserfällen. Vom Parkplatz führt ein kurzer Hike zu dem Wasserfall. Das letzte Drittel geht es sehr steil hinunter. Um die Bingham Falls optimal zu fotografieren, muss man über einige Felsen klettern. Das die Felsen feucht sind, macht es nicht einfacher. Da ich schon einmal ausgerutscht bin, taste ich mich vorsichtig voran, bis ich vor dem Wasserfall stehe. Zurück wird es schwierig, weil ich unbedingt eine Abkürzung nehmen muss. Eine helfende Hand aus Texas zieht mich aus dieser misslichen Lage heraus. Das ist noch einmal gut gegangen.

Durchgeschwitzt fahre ich zurück zur Alchemist Brewery in Stowe. Auf dem Parkplatz werde ich vom Personal eingewiesen. Jetzt verstehe ich auch warum. Eine Schlange von gut hundert Personen wartet bereits auf Einlass um sich mit Bier einzudecken. Pro Person gibt es von drei Sorten nur eine begrenzte Menge und vom Heady Topper gibt es nur acht Stück pro Person. Ich nehme eine Palette Heady Topper und Focal Banger mit. In Stowe und Umgebung gibt es über ein Dutzend Wanderwege. Von leicht bis schwierig, unter anderem Hell Brook, Monroe/Alpine Loop, Nebraska Notch oder Stowe Pinnacle. Die Krönung aller Wanderwege ist der Long Trail – Vermonts „Footpath in the Wilderness” und Amerikas ältester Fernwanderweg. Der Long Trail hat eine Länge von 273 Meilen, verläuft von Williamstown in Massachusetts bis zur kanadischen Grenze und überquert dabei die höchsten Berge in Vermont. Der Long Trail war auch die Inspiration des Appalachian Trail, der sich im südlichen Vermont hundert Meilen mit dem Long Trail teilt. Wie viel Zeit man für Stowe bzw. Waterbury einplanen soll, hängt von den jeweiligen Interessen ab. Ein ganzer Tag ist das Minimum um die wichtigsten Highlights anzusehen. Wanderer können hier mehrere Tage ohne Langeweile verbringen.

Ich werde zwei Nächte im charmanten Green Mountain Inn übernachten. Das historische Inn im Zentrum von Stowe wurde 1833 erbaut und im Laufe der Jahre immer wieder erweitert. Im Haupt- und Nebenhaus stehen den Gästen 103 individuell eingerichtete Zimmer und Suiten zur Verfügung. Die legendäre Trapp Family Lodge war auch eine Option, aber der Schwarzwald-Look hat mir dann doch nicht zugesagt. Einen Platz in der Musikgeschichte hat die Trapp Family Lodge dennoch sicher. Die englische Rockband Deep Purple hatte sich im Frühsommer ’84 einige Tage in der Lodge einquartiert. Das Reunion-Album „Perfect Strangers” sollte hier eingespielt werden. Leider hatten die Behörden etwas dagegen – die Band mietete stattdessen ein Haus unweit der Lodge und die Songs wurden dort mit dem Le Mobile Studio aufgenommen.

Nach einem Spaziergang durch Stowe mache ich am Spätnachmittag noch die Wanderung zu den Moss Glen Falls. Vom Trailhead geht es teils über Holzplanken bis zum Wasserfall. Der Hike verläuft meist ebenerdig und erst kurz vor den Wasserfällen geht es steil zum oberen Aussichtspunkt. Die dreistufigen Moss Glen Falls kann man von dieser Anhöhe überblicken oder stromauf durch den Moss Glen Brook waten, bis man am Fuß der Wasserfälle angelangt ist. Ein Weitwinkel 24 mm bis 28 mm und ein Tele bis 300 mm Brennweite decken alle möglichen Perspektiven ab. Leider sorgt der dürftige Wasserfluss nicht für ansprechende Bilder. Vier junge Girls machen sich den Spaß und plantschen bei eiskalten Wassertemperaturen in einem der Pools. Nachdem ich die Kaskaden und Wasserfall fotografiert habe, mache ich mich in der Abenddämmerung wieder auf dem Weg zurück.

Zum Abschluss des Tages gibt es Farm-to-Table-Küche im HEN OF THE WOOD. Das Restaurant in Waterbury ist eine Institution in Vermont. Das Restaurant ist sehr gemütlich eingerichtet, aber die dunkle Beleuchtung gefällt mir gar nicht. Dieses dunkle Ambiente gehört zum Konzept von Hen of the Wood. Es gibt als Vorspeise Suppe und Krake, als Hauptgang Steak und zum Abschluss Käse. Das Essen ist sehr gut und ich freue mich schon auf Hen of the Wood in Burlington.


Strecke: 63 Meilen +++ Unterkunft: Green Mountain Inn, Stowe +++ Wetter: 12 Grad C, Nieselregen, bedeckt



12. Tag:   STOWE › WATERBURY › STOWE

Knapp sieben Meilen nördlich von Stowe am Fuß von Mount Mansfield liegt Smugglers’ Notch State Park. In dem State Park gibt es sieben Trails. Long Trail North über Elephant Head zum Sterling Pond ist der beliebteste Trail. Der kurvigste und schönste Teil der RT 108 beginnt in Big Spring und endet in Sterling Pond. Dazwischen liegen unzählige Fotospots – die Laubfärbung, Riesenfelsen und Gewässer. Die Wanderschuhe liegen bereit. Auf dem Tagesprogramm steht die mehrstündige Wanderung hinauf zu Mount Mansfield. Mount Mansfield ist mit 1340 Meter Höhe der höchste Berg in Vermont. Es gibt drei Möglichkeiten um auf dem Gipfel zu gelangen. Zu Fuß von vier Trailheads oder mit dem Fahrzeug ($22) bzw. Seilbahn ($28). Hinweis: Das letzte Stück zum Gipfel müssen alle zu Fuß bewältigen. Belohnt wird man mit einer 360-Grad-Panoramaaussicht. Bei klarem Wetter blickt man auf Lake Champlain und die Green Mountains in Vermont, die Adirondacks in New York, Mount Washington in New Hampshire und Mount Royal in Quebec.

Hell Brook Trail to Chin wird eine richtige Herausforderung. Der Hike hinauf zu Mount Mansfield kann man mit wenigen Worten beschreiben: Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine gerade Linie. Der Trail ist mit zwei Meilen relativ kurz, aber auf den ersten eineinhalb Meilen muss man einen Höhenunterschied von fast 800 Meter bewältigen. Die große Fotoausrüstung bleibt im Auto und wäre beim Aufstieg ohnehin nur hinderlich. Ich nehme nur eine Trinkflasche, Energieriegel, Kompaktkamera und Regenjacke mit. Die dichte Wolkendecke über Mount Mansfield macht mich unsicher, aber dann geht es doch los. Es gibt kein Zwischenstück, wo man sich mal ausruhen kann, sondern es geht über Felsen und Wurzeln straight to the top. Nach gut der Hälfte verschlechtert sich das Wetter zunehmend, es wird diesig und feucht. Umkehren? Nein, jetzt erst recht! Die nahezu senkrechte zweieinhalb Meter hohe „Wand” zwischen Adam’s Apple und Chin erscheint auf den erstem Blick wie ein unüberwindbares Hindernis. Nur mit Händen und Füßen erklimme ich diese knifflige Kletterpassage. Den schlimmsten Teil habe ich nun hinter mir...

...Der Trail führt vorbei am Lake of the Clouds und stößt auf den Long Trail, der weiter zum Gipfel (Chin) führt. Der Grip über das Quarzgestein ist fantastisch und kein Vergleich zu der Rutschpartie beim klettern an den Bingham Falls. Es ist neblig und mit 6 Grad C kühl auf dem Gipfel. Die Sicht beträgt vielleicht hundert Meter und ich kann mir gedanklich ausmalen, wo die Green Mountains verlaufen. Von Chin kann man über Lower Lip, Upper Lip, Nose noch bis zum Forehead wandern. Wer Nervenkitzel sucht, der Cliff Trail verläuft parallel zum Long Trail. Der gleiche Weg zurück ist selbst bei trockenem Wetter eine Tortur für die Gelenke und bei dieser Feuchtigkeit traue ich mir die gleiche Route zurück nicht zu. Über den Long Trail South geht es die gelenkschonende und sichere Route wieder hinunter. Die Wanderung schafft man je nach Tempo und Kondition in vier bis fünf Stunden. Im Herbst ist Hell Brook ein Rinnsal, im Frühjahr während der Schneeschmelze ein reißender Fluss. Daher ist der Trail von Mitte April bis Ende Mai gesperrt.

Die Gold Brooke Bridge aka Emily’s Bridge liegt zwei Meilen südlich von Stowe. Einer Legende nach ist die Brücke verwunschen. Leider verunstalten Leitplanken die Brücke. Es gibt weitaus schönere Brücken in Vermont. Die Sterling Falls George ist eine Ansammlung von kleinen Wasserfällen, Kaskaden und Pools. Ich fahre entlang einer engen, rumpeligen Dirt Road. Ich muss rangieren und beim zurücksetzen passiert es! Erste Reaktion, nicht schon wieder!!! Anscheinend war ich gedanklich noch auf Mount Mansfield, anstatt hinter dem Steuer. Ich sehe mir den Schaden an. Das linke Rücklicht und die Hecksäule ist beschädigt. Das musste jetzt aber nicht sein. Gott sei Dank bin ich morgen in Burlington und werde dort den Jeep tauschen. Von diesem Malheur lasse ich mir den restlichen Tag nicht vermiesen.

Ich besuche die Cold Hollow Cider Mill in Waterbury Center. Cold Hollow Cider Mill ist der größte Produzent von Apfelsaft in Neuengland. Alljährlich werden hier 7,5 Millionen Pfund Äpfel verarbeitet. Hier herrschen volksfestähnliche Zustände, so viele Besucher sind hier vor Ort. Am besten gefällt mir durch das Glasfenster zuzusehen, wie Apfelsaft auf altmodische Weise gewonnen wird. Wie es funktioniert, ist hier kurz beschrieben. Ich probiere einen Cider Donut. Wenn man die Qualität von französischem Feingebäck kennt, hat man für diesen Donut nur ein müdes Lächeln übrig. Der Donut schmeckt nach fast nichts, die Cider-Probe ist dagegen hervorragend. Ähnlich turbulent geht es im Cabot Creamery Annex Store zu. Ich nehme ein Stück Cabot Clothbound mit, geschmacklich eine der besten Cheddar-Käse. Der letzte Stopp vor dem Abendessen ist Ben & Jerry’s in Waterbury. Es ist selbst am einem Sonntagabend noch viel Andrang. Ich nehme an der letzten Factory Tour teil. Die Tour besteht aus einem kurzweiligen Film über die Geschichte von Ben & Jerry’s, anschließend sieht man die Eisproduktion und zum Schluss bekommt man eine Probe im Flavor Room.

Ich fahre zu MICHAEL’S ON THE HILL in Waterbury Center. Küchenchef Michael Kloeti, gebürtiger Schweizer, und seine Frau Laura verwöhnen die Gäste mit Farm to Table Küche. Aus der übersichtlichen Speisekarte kann man à la carte oder zwischen zwei Drei-Gänge-Menüs wählen. Ich halte mich fleischlos an à la carte. Ich habe anscheinend eine faule Bedienung erwischt, bis sich die Dame befleißigt die leeren Teller abzuräumen, dauert es eine halbe Ewigkeit. Das Essen ist gut, aber aufgrund sehr guter Bewertungen habe ich mehr erwartet. Für den schlechten Service gibt es entsprechend Trinkgeldabzug. Wer sehr gut essen möchte, sollte lieber ins Hen of the Wood gehen.


Strecke: 36 Meilen +++ Unterkunft: Green Mountain Inn, Stowe +++ Wetter: 12 Grad C, nebelig, bedeckt